Sylvia und Karsten - Hertha 06 vs. BSC 2 : 3

Es war nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. Sonntags morgens um 8 (in Worten: um acht) auf dem Platz des Gegeners. In Charlottenburg. Früher eine sozial gemischte Gegend. Sogenannte Kleine Leute und Mittelstand. Heute stark geprägt durch den Zuzug von vor allem Deutsch-Türken, die aus den sozialen Brennpunkten, unter anderem im Interesse ihrer Kinder weggezogen sind. Und so hat sich auch der seit den zwanziger Jahren dort ansässige Fußballverein CFC Hertha 06 mitverändert. Unser Gegner war eine neu gegründete, türkischstämmige Ü40-Mannschaft. Effendi (2+, knüpfte an seine guten Leistungen gegen Ende der vergangenen Saison an, seine Ballannahmen mit der Fußsohle klappen allerdings nicht immer...) fühlte sich natürlich wie zu Hause. Die Uhrzeit war für ihn geradezu ideal.

Wir dagegen torkelten noch schlaftrunken auf den am Mierendorfplatz gelegenen Platz. "Jetzt erstmal einen Kaffee!" postulierte Marco (1, wie immer spiel- und lauffreudig, hat Urlaubssperre bis zur Winterpause) sein und mein Interesse, während Karsten (1+, s.u.) und Amer (1-, mit starken mannschaftsdienlichen Ansätzen, sein Gegenspieler bekam ihn nie unter Kontrolle) eher indifferent erschienen. An dem Kabinentrakt, architektonisch noch aus der Zeit des üppigen Sportstättensanierungsplanes des Berliner Senats stammend, hing ein kleines Fähnchen mit Kaffeetässchen-Logo. Wir betraten den im Halbdunkel gelegenen Kabuff und da stand sie: Sylvia! Sylvia im kleinen Schwarzen! Gemeint ist hier das offizielle Hertha 06-Polohemd (also mit dem Vereinswappen, linksbrüstig).
"Käffchen dauert noch nen´ paar Minuten. Ick sage denn Bescheid!" flötete sie, und um mich war es geschehen: Ich nahm ihr den Kabinenschlüssel ungewohnterweise sofort ab (Kabine Nr. 2). Um die Schließer-Rolle hatte ich mich in den vergangenen Jahren immer erfolgreich gedrückt. Aber dem Charme der blonden, blauäugigen Mittvierzigerin war ich sofort erlegen.

Während sie schwarz trug, hatte Ebi seine schwarze Hose vergessen (4+, hat noch nicht seine Position gefunden, war aber angeschlagen, sein Black-Out führte zum psychologisch ungünstigen Anschlußtor) . Er hielt aber den Adrenalinpegel der Mannschaft hoch, durch seine kontinuierlich gestellte Frage:" Hast Du noch eine zweite Hose ?". Wir hatten uns vorgenommen, sicher zu spielen, u.a. deshalb hatten wir auch Axel "Die Lokomotive" Sch. verpflichtet (2+, wird immer offensiver, hatte Torchancen, erkannte aber auch hinten immer die Gefahr). Und es sollte wie beim sehr gut geführten Pokalspiel ein schnelles Tor her.

Das klappte! Nach fünfundzwanzig Minuten stand es 2:0 für uns (Marco, Amer nach abgefangenen Angriffen, und kontroliertem, aber auch schnellem Kombinationsspiel) , und einige dachten, das wars wohl. Karsten hatte bis zu diesem Zeitpunkt ungefähr schon neun oder zehn Fernschüsse des Sechsers und des Zweiers abgewehrt. Davon ca. fünf Hundertprozentige, so dass ihm schon in der Halbzeit alle auf die Schultern klopften.
Damit war scheinbar unausgesprochen bei einigen der Wunsch verbunden: "Wenn Du die Dinger hältst, brauche ich weniger zu laufen!" Mit dem Pausenpfiff bekamen wir das 1:2.

Währenddessen hatte Sylvia den Kaffee fertig (70 CENT), und hatte begonnen, die Platzumrandung zu fegen. Ich konnte noch so etwas wie "Wäre ja noch schöner, unseren Kaffee saufen und dann noch die Punkte mitnehmen!" hören und schon begann die zweite Halbzeit. Hertha drehte total auf, Karsten wieder im Mittelpunkt. Unsere Abwehr? War eigentlich gut! Eljay (1-, entschlossen, stellungssicher und lauter als sonst) gab mit Hartmut (1-) die seit zwei Jahren bestehende Klassik-Formation ab. Hartmut hatte in sich hineingehört (und kritische Stimmen von Mitspielern), blieb diesmal mehr hinten. Als er mal nach vorne ging, hatte er gleich eine Torchance!!

Das Karsten zum Spieler des Tages wurde, der von den Hertha-Spielern, vom 69-jährigen Schiedsrichter und von Sylvia nach dem Spiel beglückwünscht wurde, lag wohl mehr an unserem schlechten Stellungsspiel in den Mittelräumen. Hier passierte zu wenig, um den Gegner möglichst weit weg von unserem Tor zu halten.
Hans Sch. (2+, Ballannahme, Passspiel super, rückte auch in das Abwehrzentrum) ackerte was das Zeug hielt, schoss nach dem schönsten Spielzug des Spiels (Vorlage Amer!!) das entscheidende 1:3, aber dem Kurzpassspiel des Gegners mit abschliessenden harten, genauen Schüssen konnte nur Karsten trotzen.

Fazit: ein gelungener Saisonstart, dem eine homogene Mannschaftsleistung, aber vor allem ein gut aufgelegter Torwart-Karsten zu Grunde lag! Wenn wir im Rückspiel den Sechser und den Zweier bekriegen, haben wir 50% von Hertha 06 lahmgelegt!

Dicki 03/09/2006