Es sollte Diego´s Tag werden.

In der Kabine vor dem Spiel gegen Hürtürkel hat er den Mitspielern verkündet, wie er heute seine Liberorolle interpretieren wird, nämlich als spielender Libero! Das ist die hohe Fußballschule. Beim Warmspielen hat er den Mitspielern nochmal eindringlich gezeigt, wie man einen spielenden Libero anzuspielen hat: Flach, locker und genau auf den Fuß - ansonsten muss der Passgeber den Ball selbst aus dem Gebüsch holen.

Schon als Kind ist man mit ganz grundsätzlichen Fragen beschäftig: Ist der Löwe stärker oder der Tiger? Fährt ein Ferrari schneller oder der Porsche? Die meisten Fragen klären sich irgendwann im Leben. So auch die für einige bis dato immer noch offene Frage: Spielt die 11er den besseren Fußball oder die 7er? Die Fakten sprachen zwar eine eindeutige Sprache, aber ein Restfünkchen Hoffnung war dennoch geblieben. Die 7er gewinnt nur deswegen manche Spiele, weil das Niveau (!) in der 7er –Liga viel niedriger ist und weil die Leistungsträger der 11er aushelfen. (Und die 11er verliert deswegen, weil die 7er gewinnt?)
Dadurch, dass sich kürzlich bei einem Parallelspiel einige 11er Aktivisten für ein Spiel in der 7er entschieden hatten (das die 11er prompt gewann!), war eine weitere Rechnung offen. Zum ShowDown wurde unter Echtbedingungen ein Entscheidungsspiel angesetzt. Boris als Teamchef der 11er hatte freie Spielerauswahl, Dicki durfte im Gegenzug Uwe S. verpflichten.

Erfreutes Wiedersehen in der Kabine mit Marco, der gegen Hürtürkel in Vertretung das Tor hüten sollte. Wir begannen stark, kontrollierten das Spiel. Besonders im Angriff lief der Ball zwischen Stephan Amer und Hans Sch. Gegen Mitte der ersten Halbzeit führte ein Deckungsfehler bei einem Freistoß zum 1:0 für die Türken. Zur Pause waren wir aber noch guter Stimmung: „Es macht richtig Spaß“, meinte Stephan, „aber der Schiedsrichter macht mir Sorgen, der pfeift sehr parteiisch“.

Anfangs hielten sich Diego´s Mitspieler noch an das Vermittelte: Überlegenheit dank gepflegtem Kombinationsfußball. Doch Mitte der ersten Halbzeit: Freistoß für den Gegner im rechten Mittelfeld, ein gegnerischer Mittelfeldspieler läuft ich in die völlig ungedeckte linke Seite. "Diego, nach links!" - ruft jemand von der Seitenlinie. Diego schaltet blitzschnell: "Hier stellt jemand meine Position in Frage! Mich, den spielenden Libero, der die Gegner austanzt!! Jetzt bloß keinen Fehler machen! Nicht aus dem Konzept bringen lassen. Nicht klein beigeben und bloß keine Schwäche zeigen!!" Nach Ausführung des Freistoßes ein kurzer indignierter Blick an die Seitenlinie. Das hat gesessen, das muss reichen! Dieser Blick offenbarte Diego leider jedoch auch, dass die Mitspieler offenbar immer noch nicht begriffen haben, wie man richtig Fußball spielt. Kein Stürmer hat die linke Seite abgedeckt, so dass der Gegner den diagonal geschlagenen Freistoß frei annehmen und trotz Unterzahl im Angriff in Führung gehen kann.


Die 7er trat in einer Rumpfelf an. Lediglich Kasten, Dicki, Hartmut und Hans. Sch. aus dem Kernteam, ergänzt um Uwe, Axel, Peter S. und den freigesetzten Frank B. sowie einen Oliver, den keiner kannte. Die Motivation war klar: es traten die von Boris Verschmähten an. Die Aufstellung der 11er-Mannschaft wird hier verschwiegen – außer dass Stephan B. leider nicht dabei war. Als die 7er 1:0 in Führung ging, wurde der Schiedsrichter aufgefordert, eng zu schreiben und viel Platz für weiter Tore auf seinem Zettel zu lassen. Zur Pause stand es 4:0 für die 7er, die in allen Belangen überlegen war. Die 11er fand kein Gegenmittel gegen Uwe und auch wenn dieser nicht auf dem Platz war, war es eine einseitige Partie. Zur Pause fragte man sich in der 7er, ob ein zweistelliger Sieg angestrebt werden soll. Auf Vorschlag von Uwe entschieden wir uns aber für ein „Zu Null“.

Kurz nach der Pause deckt Diego in der Mitte einen gegnerischen Angreifer. Wenigstens der kapiert das Spiel und flieht auf die rechte Angriffsseite. Doch wieder wird Diego von der eigenen Mannschaft im Stich gelassen. Keiner kümmert sich um den Flüchtenden und er kommt frei zum Schuss. Unser Torwart klatscht den Ball unglücklich ins eigene Tor.

Das „Zu Null“ war nur selten gefährdet: Nach einem der zahlreichen Anstöße knallte Manni den Ball an die Latte und bei zwei Ecken kam Kopfballungeheuer Boris gefährlich an den Ball. Ansonsten war die 7er wesentlich lauf- und kombinationsfreudiger. Der Ball lief durch die Reihen, Steilpässe, Querpässe, Rückpässe fast nach Belieben. Das Spielschema der 11er war dagegen eher einfach: Mit dem Ball am Fuß und den Augen am Ball nach vorn und an Ende wird schon irgend was gehen. Am Ende hieß es 7:0, die Strafe für einige Frustfouls inbegriffen.

Direkt nach der Pause kommt ein Spieler von Hürtürkel nach einem erneuten Deckungsfehler frei zum Schuss. Marco – ansonsten der Ballfesthalter in Person – lässt den Ball über seine Hände ins Tor rutschen. 0:2 Fast im Gegenzug erzwingt Hartmut im gegnerischen Strafraum ein Handspiel eines Abwehrspielers. Der Schiedsrichter pfeift sofort – zum allgemeinen Unverständnis aber Freistoß für seine türkischen Landsleute!

Diego wird nun offensiver. Im gegnerischen Strafraum bedrängt er einen Verteidiger, so dass dieser nur mit der Hand klären kann. Der Schiedsrichter pfeift. Diego überlegt, wen er den Elfer ausführen lässt. Doch der ignorante Schiri hat ein Handspiel von Diego gepfiffen!!

Was folgte waren stürmische, aber bisweilen etwas ungelenke und immer erfolglose Angriffe. Hürtürkel hatte noch drei Konterchancen und gewann am Ende 5:0. Ein Spiel,. das wir sicherlich im Kopf verloren haben.

Leider haben unsere Angreifer immer noch nicht begriffen, wie man sich einem spielenden Libero richtig anbietet. Statt sich Diego zuzuwenden, um direkt, locker und flach angespielt zu werden, laufen diese immer zwischen Verteidiger und Tor. Diego muss daher einen Gegner nach dem anderen austanzen und kann gleichzeitig nicht auch noch nach Lücken für den tödlichen Pass Ausschau halten. So kam es, wie es kommen musste: nach einigen weiteren Deckungsfehlern und Fehlpässen seiner Mitspieler schießen die Gegner noch drei weitere Tore. Diego resümiert, dass Fußball leider ein Mannschaftsspiel ist, bei dem auch ein Weltklasselibero verliert, wenn die Mitspieler Fehler machen.


p.s. Die 11er hat sich wieder berappelt: Am Wochenende des 15./!6. November war sie die mit Abstand erfolgreichste Seniorenmannschaft des BSC - Hut ab!

Hans Sch.