3. November 2011

Stevens 2.0

Als "Fußball der Marke Stevens 2.0" hat der FAZ-Sportteil den Auftritt der Gelsenkirchener am vergangenen Wochenende gegen die TSG 1899 Hoffenheim bezeichnet und bezieht sich damit ganz offensichtlich auf den Sicherheitsfussball nach dem Leitsatz "Die Null muß stehen", den der niederländische Trainer seiner Mannschaft während seiner ersten Dienstzeit verordnet hatte.
Stellt sich die Frage: worin genau besteht eigentlich dieses vermeintliche update, wo doch der Fußball in Königsblau wieder deutlich "konservativere Züge" zeigt als noch das Offensivkonzept von Ralf Rangnick? War dessen Strategie auf Ballbesitz und Dominanz ausgerichtet, die mit "gewissen Risiken und Nebenwirkungen" verbunden war, lobte Manager Heldt jetzt die "Fähigkeit der Spieler, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren."
"Sie bildeten einen Stabilitätspakt, der die ball- und selbstverliebten Hoffenheimer meist ins Leere laufen ließ", schreibt die FAZ. Und: "Ein kompaktes Kollektiv erfüllt seine Pflicht, statt sich in den Finessen der Kür zu verfangen und dabei zu stürzen."

Aber was bitteschön hat das eigentlich mit der Dritten Ü50 und ihrem Spiel gegen den SV Adler zu tun? Nun auf der obligatorischen Flipchart zur Kabinenansprache hatte der von Kompetenzzweifeln geplagte Dicki gegen die bislang ungeschlagenen Mariendorfer in der allerersten Zeile den Satz platziert: "Beton anrühren!" Das klang schon ziemlich nach Huub Stevens, auch wenn der beim Erzfeind unter Vertrag stand. Doch in welche taktiksche Aufstellung der alte Trainerfuchs Dicki das dann verpackte, das war schon bemerkenswert: vor einem sogenannten Libero sollte eine Dreierkette zwar gegnerorientiert aber wennmöglich auf einer Linie agieren und davor etwas gestaffelt zwei offensivere Spieler. Nun, dafür braucht man das richtige Personal - und jetzt kommt's: "Stevens mag seine Idee, sein Verständnis vom Spiel nicht grundsätzlich geändert oder gar weiterentwickelt haben. Verglichen mit den meisten anderen Mannschaften, die er trainiert hat, findet er jedoch mehr individuelle Klasse vor, die er offenbar für seine Zwecke zu nutzen weiß."

Im Falle des Spiels gegen den SV Adler beinhaltete das ein beinahe fehlerloses Spiel in der Defensive, bei der die zweite Vorgabe, bei Ballbesitz des Gegners niemals ohne Gegenspieler zu bleiben, von der gesamten Mannschaft richtig gut umgesetzt wurde. Dank der laufstarken Außenspieler der Dreierkette (zumeist Karsten und Andreas Weise), die ihre Gegenspieler sehr gut zu binden wußten, und dank der Interpretation des Liberos mal vor mal hinter der letzten Linie, wie sie von Eljay und Manni wechselseitig dargeboten wurde, kam es beinahe nie dazu, daß die Mannschaft zu tief stand. Im Gegenteil, der Gegner konnte fast immer auf Distanz gehalten werden und zu gefährlichen Strafraum-Situationen kam es so gut wie nie. Ersatzkeeper Hans verlebte einen eher unaufgeregten Abend.

Auf der Gegenseite hatte der BSC zwei klare Chancen, das Spiel zu eigenen Gunsten zu entscheiden. Einmal der freigespielte Boris auf Halbrechts, das andere Mal Eljay in der vorletzten Minute nach einem schnellen Konter über Links -was aber der Gäste-Torwart zu verhindern wußte. Das wäre dann das I-Tüpfelchen auf einen insgesamt gelungenen Fußball-Montag gewesen.
Verdeckt hätte ein Sieg allerdings, daß zur 2.0-Version noch etwas mehr als der eine geglückte Angriff gehört: "Also wies er seine Leute an, lieber möglichst weit vorne den Ball zu erobern und dann anzugreifen, statt das Spiel von hinten aufzubauen. Weniger Ballbesitz, dafür mehr Chancen und mehr Tore - die wesentlichen Werte geben Stevens recht, wenn er sagt, seine Elf habe 'clever gespielt'."

(Zitate - FAZ vom 31. Okt., S. 19)

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