21. September 2006

Who the f*** is Kurt Weiss?




Als im Januar der Winter uns fest im Griff hatte, ein Spiel nach dem anderen ausfiel, gelang es Effendi und Manni, uns mehrere Hallentermine über unseren Sportwart zu reservieren. Wir spielten in der direkt am Hubi gelegenen Kurt-Weiß-Sporthalle. Und das machte Spaß.
Ein Zufall, dass sie gerade dort liegt?
Mit der Benennung ehrte man einen BSCer, also einen Clubkameraden, der mit Lilly Hennoch zu den sportlich erfolgreichsten Sportlern unseres Clubs gehört.
Anläßlich seines 100. Geburtstages führte die bsc-dreamteam.de-Redaktion im Januar ein Quiz mit drei Fragen durch. Gewinnen konnte man ein Dentalpflegeset des Berliner Unternehmens ONE DROP ONLY im Werte von ca. 35 Euro.

Die Gewinner waren Andi Sch. und Wolfgang "Blondie" Sch. Während Blondie es sich nach dem Motto "Man muß es ja nicht wissen, man muß nur wissen wo es steht!" relativ einfach machte, hatte demgegenüber Andi Sch. den großen Vorteil, Kutti Weiß noch persönlich kennengelernt zu haben und so aus dem Stand Bescheid wußte.

Die Preise sind mittlerweile übergeben worden (s. u., das Bild mit Andi ist bei einem Festplattencrash verloren gegangen, eine Samsung-Platte!).

Unser Clubkollege Martin-Heinz Ehlert (Hockey- und Traditionsabteilung), der die Geschichte des BSC seit Jahren erforscht, hat einen Artikel in der hockeyzeit, dem amtlichen Organ des Deutschen Hockey-Bundes veröffentlicht. Dieser ist im nachfolgenden mit Genehmigung des Autors wiedergegeben:

"Kutti“ Weiss – eine Hockeylegende

„Sic transit gloria mundi“ – so vergeht der Ruhm der Welt – dieses Zitat gilt wohl besonders für die Sportwelt. Es gibt wenige Sportler/Sportlerinnen, deren Namen über ihre Wirkungszeit hinaus im Gedächtnis der Nachwelt erhalten geblieben sind. Zu schnell werden Leistungen und Rekorde übertroffen, zu schnell geraten die Sportheroen in Vergessenheit. Das kann man bedauern, dennoch ist es unabänderlich. Es gab (und das gibt es auch noch heute!) aber Ausnahmeerscheinungen, deren Namen zu ihrer Zeit nicht nur wegen sportlicher Leistungen in aller Munde waren, sondern die wegen ihrer gesamten Persönlichkeit als Vorbilder galten und heute noch gelten könnten. Dazu gehört der erfolgreiche Leichtathlet und überragende Hockeyspieler Kurt Weiß („Kutti“ wie er lebenslang genannt wurde).

1906 in Berlin geboren, trat er als 13jähriger dem Berliner Sport – Club (BSC) bei, damals einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Sportvereine Deutschlands. 76 Jahre hielt er seinem Verein die Treue – wohl auch ein Rekord! (die Großmutter von Andi Sch., die Kutti gut kannte, ist 1927 in den BSC eingetreten und blieb Mitglied bis zu ihrem Tod 2005; Anmerkg. des Posters). Er betrieb Leichtathletik und spielte Hockey, beides mit großem Erfolg. In der Leichtathletik startete er bereits als 17jähriger in einer Seniorenstaffel und nahm an nationalen Wettkämpfen teil. 1926 belegte er bei den Deutschen Meisterschaften den zweiten Platz im Zehnkampf. Ein Jahr später wurde er Deutscher Meister in dieser Disziplin, ein Erfolg, den er 1929 und 1930 wiederholen konnte. Er war erfolgreich bei zahlreichen internationalen Veranstaltungen, u. a. nahm er 1929 an einem Länderkampf in Japan teil, eine sehr aufwendige Reise mit der Eisenbahn quer durch den asiatischen Kontinent. Er erzählte darüber in einem Interview: „eines Tages kam die Situation, dass ich zu meinem Assistenz- Doktor ging und sagte: ich kann für ein Viertel Jahr nicht kommen, ich bin für Deutschland zum Länderkampf gegen Japan in Japan aufgestellt. Da sagte er: Sie müssen sich überlegen, ob Sie studieren oder Sport treiben wollen….Als ich aus Japan zurückkam, war mein Platz besetzt und ich habe mein Chemiestudium aufgegeben.“.

Aber sein Herz hing sein ganzes Leben lang am Hockeysport. In der
1.Hockeymannschaft des BSC war er bald ein unersetzliches Mitglied, fast
20 Jahre lang gehörte er zum Stamm der Mannschaft. Er führte sie als Mittelstürmer zu vielen Berliner Meisterschaften und 1937 und 1938 zur Deutschen Meisterschaft.
Gerade 18 Jahre alt wurde er für einen verhinderten Sportkameraden in die Silberschild – Mannschaft Brandenburgs berufen. Dieser schon 1907 ins Leben gerufene Wettbewerb wurde damals zwischen den Regionen Deutschlands ausgetragen und war außerordentlich populär. 13mal gewann er mit seiner Mannschaft die begehrte Trophäe, davon 12mal für Brandenburg und einmal 1951 für Hamburg. Da spielte der einst so gefürchtete Mittelstürmer wohl erstmalig in einer Auswahlmannschaft Verteidiger – vermutlich eine Alterskonzession für den fast 45jährigen!
Mit 19 Jahren wurde er zu seinem ersten Länderspiel gegen Österreich aufgestellt. Er erzählte: „ich war Primaner und da habe ich eine Einladung bekommen für das Länderspiel in Wien. Und da bin ich zu meinem Ordinarius gegangen und habe gefragt, ob ich nicht über das Wochenende Urlaub haben könnte. Da hat er mir gesagt: Gehen Sie zu Ihrer Behörde hin und sagen Sie denen, die sollen die Spiele in die Ferien legen…ich bin in die Hockeyländermannschaft gekommen und habe bis dahin nie in meinem Leben einen Hockeylehrer gehabt. Ich habe mir das alles auf der Schule, auf der Straße und wie ich im Club war, selbst beigebracht und geübt und trainiert“.
Länderspiele wurden damals viel seltener ausgetragen als heute. „Kutti“ Weiss absolvierte innerhalb von 10 Jahren 40 Länderspiele und galt damit als Rekordhockeyspieler bis 1945.
Seinen größten Erfolg errang er bei den Olympischen Spielen 1936, wo er mit der Nationalmannschaft die Silbermedaille gewann. Er konnte bei der 1:9 Niederlage gegen Indien wenigstens das Ehrentor schießen.
Nach dem Krieg war Kutti Weiss bis zu seinem 65. Lebensjahr beim Harvestehuder THC als Trainer tätig. Er betreute Damenmannschaften und gewann mit ihnen 6 Deutsche Meisterschaften
Er war auch der verantwortliche Trainer für die Deutsche Olympiamannschaft 1952. –
Soweit diese Sportlaufbahn, die in der Deutschen Hockeygeschichte einmalig ist und bleiben wird. Doch „Kutti“ Weiss war über seine sportlichen Erfolge hinaus eine beeindruckende Persönlichkeit. Zielstrebigkeit und eine unermüdliche Einsatzbereitschaft waren die Grundlage seiner Sportkarriere, doch oberstes Gesetz war für ihn die Fairness. Seine hervorstechende Eigenschaft war aber seine Bescheidenheit. Trotz aller Erfolge, trotz aller Ehrungen, die ihm in seinem langen Sportlerleben zuteil wurden, stellte er sich selbst nie in den Mittelpunkt. Diese Tugend zeichnete ihn besonders aus, und so mancher könnte sich heute daran ein Beispiel nehmen.


Am 30. März 2006 wäre „Kutti“ Weiss 100 Jahre alt geworden.

Martin - Heinz Ehlert

P.S.: Wer noch ein bißchen mehr wissen möchte, dem sei die von Martin-Heinz erstellte Ausstellung im Clubhaus, Kleiner Raum empfohlen!

Keine Kommentare: