„Wolf, Du musst hinten raus! Die Beiden stehen vor der Schranke!“ Svety hatte schon früher Schluss gemacht, und hatte sie am Ausgang entdeckt. Mit „den Beiden“ waren zwei Tschetschenen im Teenageralter gemeint, mit denen es im vierten Stock fast zu Handgreiflichkeiten gekommen war, bis ich sie des Hauses verwiesen hatte. Also den Hinterausgang raus und zur S-Bahn.
Es lief wie geschmiert: Die S-Bahn fuhr(!), mit dem Fahrrad hatte ich noch einen der letzen Sitzplätze ergattert. Insgesamt 40 Minuten sollte es dauern.
Würde der Platz bespielbar sein, lohnte sich die Fahrt überhaupt?
Ich diskutierte die Platzsituation bei einer Bockwurst und einem dünnen Kaffee mit den vier Hellersdorfern, die wie ich, bereits eine halbe Stunde vor der Treffpunktzeit im Vereinslokal aufgelaufen waren. Große Begeisterung konnte ich nicht raushören, meine Motivation ging auch gegen Null.
Auch bei den eintreffenden BSClern waren die Meinungen unterschiedlich. Auf einmal stand er vor uns: „Ich bin der Schiedsrichter! Ich bringe mal meine Tasche weg, und dann machen wir eine Platzbesichtigung! Die Mannschaftsführer bitte zu mir!“ Es war kein Feldwebelton, es war die klare, mit freundlichem Unterton versehene Ansage einer Person, die sich Ihrer Kompetenz durchaus im Klaren ist. Seine halblange braune Lederjacke hätte in den Retroläden der Oderberger Str. Höchstpreise erzielt. Durchaus die 50 schon überschritten, wurden seine Haare von einer Spange zusammengehalten, so wie ich es auch vor zwanzig Jahren tun musste. Er besuchte wahrscheinlich jedes Konzert der Pudhys, wenn sie in Neuruppin oder Königswusterhausen auftraten.
Die Besichtigung ging schnell: Dem Tempo des Schiris kaum nachkommend, hechelten der Hellersdorfer Kapitän und ich der athletischen Gestalt hinterher, die hie und da mit seiner Fußsohle die Vereisung prüfte (die nicht vorhanden war), und feststellte: „Wir spielen! Keine Gefahr! Aber! Volkssport Sportkameraden! Keine Nickligkeiten, sonst müssen wir den Sachverhalt klären!“
Er hielt diese Linie auch im Spiel durch. Mir ist nur eine Fehlentscheidung in Erinnerung, und die übertriebene gelbe Karte, die der BSC-Vierer mit einer seiner theatralischen Einlage provoziert hatte. Kurz gesagt: Der Schiri war der beste Mann auf dem Platz. Er wäre auch mit den beiden Tschetschenen besser zu Recht gekommen, sie hätten sich dieses Verhalten wohl kaum bei ihm gewagt. Auch hätte er den beiden Blondinen in der vollen S-Bahn, bei denen ständig das Handy klingelte, etwas gesagt. „Du kannst nicht irgendetwas kaufen. Die Wohnung gehört zur Hälfte mir. Da musst Du mich fragen! Und gerade für das Badezimmer…!“ So oder so ähnlich ging es von Friedrichstraße bis Wuhletal.
Das Spiel? War gut! Von unserer Seite aus gesehen. Nur mit sieben, also der Mindeststärke angetreten, konnten alle durchspielen. Hannes im Tor, Andi Sch. davor mittig (Hartmut Sch. steht noch nicht zur Verfügung), rechts Dicki, links Karsten M., davor ohne Zuweisung von irgendwelchen Positionen, Hans Sch., Stephan B. und Wolfgang W.
Wir waren, und Wolfgang W. erinnerte uns lautstark immer wieder daran, auf Ballbesitz bedacht. Bis auf die ersten 8 Minuten, wo wir uns dem Risikofußball hingaben, schoben wir uns den Ball zu. Vor und zurück, zurück und dann wieder vor. Von dort aus wieder zurück, dann wieder Richtung gegnerisches Tor. Ballbesitz! Kann der Gegner kein Tor schießen! Aber wie es manchmal so ist, Rituale können öde werden. Unser Spiel wurde pomadig. Glücklicherweise konnte Stephan nach zehn Minuten das beruhigende 0:1 erzielen. Überhaupt Stephan! Seine Laufstärke konnte er voll ausleben: Erzielte durch seine Aufmerksamkeit noch das 2:4, als der Hellersdorfer Keeper und sein Verteidiger sich nicht einig waren. In diesem Spiel war dieses „Überall-Auftauchen“ sicherlich richtig…
Es war, um zusammenzufassen, ein Spiel, welches wir nicht überbewerten sollten, welches aber zum richtigen Zeitpunkt kam. Karsten M. mit einem schulmäßigen Kopfball (!) und Hans Sch., nach traumhafter Doppelpassstafette trafen noch für uns. Die Abwehr stand sicher, vor allem positionssicher, angespornt durch Andi Sch. und Wolfgang W.
Die Gegentore kann ich hier nicht schildern. Sie gehören in die Kategorie „Pleiten, Pech und Pannen“, weshalb ich meine Urheberrechte in dieser Sendung einbringen möchte.
Dank trotzdem an Hannes W. und Wolfgang W. für das kurzfristige Einspringen.
Dicki 19/02/2012
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen