29. März 2014

1:1 bei Humboldt

Freitagabend 18:00 auf dem Weg zum Sportpark Hohenschönhausen. Eine Zeitreise. Plattenbauten, Brachflächen, Ruinen. Schräge Bordsteine und Straßenbahnen. Wo ist das Sandmännchen? Und warum müssen die Sozialdemokraten das Tempelhofer Feld betonieren? Platz für bezahlbares Wohnen hat Berlin doch genug – oder ist das „Bezahlbare Wohnen“ nur das Feigenblatt für den lukrativen Wohnungsbau?

Aber genug der Gedankenspiele, es warten neue Herausforderungen. Ein riesiges Sportgelände. Links rum oder Geradeaus? Zum Glück bin ich mit dem Fahrrad da und kann gemütlich über das Gelände radeln. Am Eingang eine große Tafel mit Hinweisen auf diverse Sportstätten. Schwimmhalle, Bogenschießen, Kraftsport, Eishalle und das Stadion vom BFC Dynamo – spielen die nicht im Stadion der Weltjugend? Einige Fußballplätze sind auch da, aber nirgends ein Hinweis auf die SGG Humboldt, seines Zeichens Tabellenzweiter und Aufstiegsaspirant. Auch keine BSCer in Sicht - also zurück zum Eingang, Tafel studieren oder Pförtner suchen. Stephan und Olaf sind gerade angekommen. „Irgendwo dahinten, geradeaus oder links müsste Humboldt spielen, genau weiß ich es nicht“ wies uns der Pförtner ein. Sogar Pete war auch schon eingetroffen und bald sahen wir Hartmut über das Gelände radeln. Vor einer Baracke wartete Grimmi und grinste vergnügt: „Endlich wieder Fußball spielen – mein Körper braucht das!“ Etwas länger wurde sein Gesicht aber als Stephan uns mitteilte, dass Manni und Karsten Mey. (gute Besserung!!) absagen mussten und wir nun einen sehr kleinen, wenn auch feinen Kader haben. Mit Andi Hä. wären wir sieben und Durchspielen ist angesagt. Und das gegen den Tabellenzweiten und nachdem wir alle in dieser Woche schon mindestens zwei Spiele in den Knochen hatten!
Ein achtbares Ergebnis war das Ziel unseres Bemühens.

In den ersten zehn Minuten setzte Humboldt uns gehörig unter Druck. Sie spielten einen guten Ball, bewegten sich viel, kamen über außen und rochierten in der Mitte. Die großen Chancen blieben Mangelware, schienen aber nur eine Frage der Zeit. Wir kamen nur sehr selten zu Entlastungsangriffen. Aber wir hatten den Kampf aufgenommen. In der zehnten Minute Balleroberung in unserem Strafraum, einen Stürmer stehen lassen und dann ein feiner Pass zu dem über die Mittellinie nach vorn laufenden Grimmi. Ein irgendwie tödlicher Pass. Grimmi überspielt und überläuft den Verteidiger und stürmt allein aufs Tor zu. Aber leider hat er sich den Ball etwas zu weit vorgelegt und/oder ist der Keeper etwas zu schnell aus dem Kasten gekommen oder irgendein anderes Quäntchen hat gefehlt – jedenfalls wird der Ball abgefangen und Grimmi kann dem schnellen Konter nur hinterhersehen. Am eigenen Fünfmeterraum komme ich an den Ball mit dem Gesicht zum eigen Tor. Wieder ein Pass zu Grimmi? Oder den Ball ins Seitenaus schlagen? Stephan ruft „Weg mit dem Ball!“ Aber wohin? Ins Seitenaus traue ich mich nicht mehr, weil mein Gegenspieler schon auf meinem rechten Fuß steht? Zu Pete geht auch nicht, das wäre zu knapp und außerdem kommt schon ein zweiter Stürmer herangerauscht. Ins Toraus? Ziemlich uncool. Aber der Humboldter nimmt mir die Entscheidung ab. Etwas Körperkontakt lässt mir den Ball verspringen und der zweite Stürmer kann abstauben. Betretende Gesichter aber wenigstens kein Genöhle.
Das Spiel geht weiter wie bisher und wir können bis zur Pause das 0:1 halten.

In der Pause werden die Körner gezählt. Olaf und Hartmut haben am Dienstag nicht gegen Inter gespielt und sollen daher gelegentlich etwas mehr zu den Entlastungsangriffen beitragen – aber das Hauptziel blieb „Gegentore vermeiden“.
Das gelang uns auch bis zur Mitte der zweiten Halbzeit ganz gut. Pete hatte nun schon mehrmals großartig gezeigt hatte, dass er keine weiteren Tore zulassen würde, und ansonsten stand unsere Abwehr gut. Ein weiteres Gegentor lag nicht in der Luft. Aber unsere Gegenangriffe brachten Null Torgefahr. Mir wurde mulmig. Bei einem 0:1 wäre ich der Depp – also musste etwas geschehen.

Wieder ein tödlicher Pass? Der Knipser läuft nicht dahin, wo der Ball hin gespielt werden kann, sondern dahin, wo er den Ball ins Tor schießen kann. Und der tödliche Pass geht nicht dahin, wo der Knipser steht, sondern dahin, wo er den Ball ins Tor schießen kann. Und wenn beides zusammenpasst, dann war es der tödliche Pass. Wenn Stephan seine neuen schnellen weißen Schuhe mit den knallorangen Schnürsenkeln angehabt hätte, wäre er bestimmt rechtzeitig zur Stelle gewesen – aber da er einen Schritt zu langsam war,  musste ich den tödlichen Passversuch abbrechen. Aber die Welt musste gerettet werden. Außerdem stand ich schon in der gegnerischen Hälfte. Ein Aufsetzer mit viel Toppspin ins kurze Eck war das Mittel der Wahl. Aus 25 Meter Entfernung natürlich keine ganz sichere Nummer, aber der Keeper von Humboldt war nicht der sicherste und außerdem erwartete er den Pass auf den heranstürmenden Stephan.
Ich würde dem Keeper keinen Vorwurf machen, dass er diesen Schuss nicht festhalten konnte (und ich finde es nicht in Ordnung, dass die Humboldter ihn nach dem Spiel in der Kloschüssel ertränkt haben.) Für mich hatte es den Vorteil, dass ich mich nach dem Spiel weder bei ihm noch bei unserer Mannschaft entschuldigen oder bedanken musste. Da wir das Unentschieden bis zum Abpfiff des guten Schiedsrichters halten konnten, feierten wir Im BFC-Casino einen hart erkämpften aber verdienten Punkt gegen einen starken und überaus fairen Gegner.

Und den Heimweg konnten wir zum Glück im Dunklen antreten….

Pete, Olaf, Hartmut, Grimmi, Andi Hä., Stephan und


Hans Sch.

2 Kommentare:

Pete hat gesagt…

Hi Hans, mit deinem Topspin, Übergranatenschuß, hast Du uns den verdienten Punkt gerettet. Großen Respekt vor Grimmi, der trotz Schmerzen in der 2 HZ geschickt den Ball gehalten und uns so die erforderlichen Verschnaufpausen verschafft hat. Das Kompliment gilt aber allen Spielern. Das war grosser Sport.
Pete

Eljay hat gesagt…

Grossartige Slowmo-Schilderung vor deinem Ausgleichstor, Hans. Und überdies ein völlig neuer Aspekt zum 'tödlichen Pass'. Ich möchte aber erst einmal Rücksprache mit Uwe Bein halten, ob man das so stehen lassen kann. Sei's drum - du bist hiermit aufgenommen in die 'Hall of fame' der großen Fußballphilosophen.